Geschichte der RUND UM
1951 startete die „RUND UM den Bodensee“ das erste Mal. Es war eine beschauliche Angelegenheit. 40 Schiffe am Start, die Segler kannten einander alle. Und sie hatten auch genügend Zeit, die Bekanntschaft zu pflegen:
Das Foto vom Start zeigt quälende Flaute. Die Regatta musste damals noch von den französischen Behörden genehmigt werden – und der Zoll verlangte das vorsorgliche Ein- und Ausklarieren der Teilnehmer. Schließlich hätten sie – statt um die Wette zu segeln – auch Waren aus der Schweiz schmuggeln können.
Die erste RUND UM gewann die „Bayern II“ unter Werner Kinkelin.
Die zweite Auflage 1952 wurde im Sinne der Völkerverständigung im zentraler gelegenen Romanshorn gestartet. Sie entwickelte sich aber zur Sturmwettfahrt und wurde in Langenargen abgekürzt. Der LSC hatte alles organisiert, sah aber kein Schiff auf der Bahn.
Wiederum ein Jahr später:
1953 wurde die RUND UM in die Nacht verlegt: Nachts hat es mehr Wind, zudem stellt die Segelei in der Dunkelheit andere Anforderungen an Schiff und Mannschaft. Hinter dieser offiziellen Begründung steckt aber noch etwas anderes: Wird am Tag gestartet, kommen die Schiffe in der Nacht an, und da sind bekanntlich alle Katzen grau: Die Zielmannschaft verfügte 1951 nur über alte Scheinwerfer. Also wurde die RUND UM mit einem Abendstart in die Nacht verlegt. Seitdem kommt das große Feld am Tag an.
Mit einigen Ausnahmen: Herrschte in den ersten Jahren Flaute, konnte es auch länger dauern. Die RUND UM ging damals bis Sonntag, es gab Segelzeiten von 44 Stunden.
1954 und 1960 brauchte das Siegerboot! über 25 Stunden.
Die RUND UM entwickelte sich stürmisch – in wenigen Jahren stieg die Teilnehmerzahl auf 200-300 Boote. Allein konnte das der LSC nicht mehr stemmen, die Regatta wurde 1969 geteilt, die kleineren Schiffe starteten vor Langenargen. Eine Zweiteilung, die sich auf Dauer aber nicht bewährte. Die Logistik mit zwei Startorten war schwierig und das Managen von fünf zeitversetzten Startgruppen auch nicht einfach.
Seit 1992 startet wieder das ganze große Feld gemeinsam vor Lindau, zusammen in einem Start auf einer 2,5 Kilometer langen Startlinie mit dem Startschiff dazwischen. Trotz der langen Linie geht es kurz vor dem Startschuss eng zu. Vor allem für die Eigner gepflegter Holzboote gehört der Start zu den aufregendsten Ereignissen des Jahres. Wenn dann noch einer auf Steuerbordbug durchs Feld pflügt und sich um nichts schert…
Rückblickend betrachtet, wurde die RUND UM immer von einzelnen Schiffen oder einzelnen Bootsklassen dominiert. Von 1951 bis 1978 beherrschten die Bodenseeklassiker die RUND UM. Die „Bayern II“ gewann die erste Ausgabe. Es folgten „Bodan“, „Audifax“, „Föhn“, „Skagerrak“, „Benny“, „Argo“. Vertreter der Achter, Sechser, 75-qm Nationale oder Schärenkreuzer. Und wenn heute Klagen laut werden, die alten Schönheiten hätten ungerechterweise keine Chance mehr gegen die neuen Liberas, ORC-Racer oder Katamarane: Auch in der „guten alten Zeit“ konnte ein Folkeboot, ein H-Boot oder auch ein Halbtonner den alten Damen nicht folgen. Den Sieg machten schon immer einige wenige Rennmaschinen unter sich aus.
Die „Rennziegen“ eröffneten 1979 eine neue Dimension der RUND UM:
Die zur Libera umgerüstete Quartas „Gustav Gans“ gewann, 1980 folgte die „Amigo Nuovo“. Die nächsten 17 Jahre siegten Liberas mit 12 Mann im Trapez – oder andere Einrumpfkonstruktionen, die über Wasserballast und Schwenkkiele verfügen.
Jetzt scheint die Zeit der Katamarane gekommen: In den vergangenen sechs Jahren gewann fünf Mal ein Mehrrumpfboot. Wobei diese Schiffe für eine Nachtregatta sehr ans Limit konstruiert sind. 2013 brach eine Verbindung am Luvschwimmer der „Skinfit“. Der Katamaran, eine Ventilo M2, musste aufgegeben werden. Auch gab es immer wieder Kenterungen anderer Teilnehmer, zum Teil in der Nacht, zum Teil auch bereits auf der Anfahrt zum Start.
Die Teilnahme der Katamarane ab 2007 wurde durch eine einschneidende Änderung des Reglements möglich, die auf eine Anregung des Bodenseeseglerverbands zurückging. Mehrrumpfboote, ORC-Racer, Hightech-Schiffe mit beweglichem Kiel und Wasserballast waren erstmals in einer eigenen Startgruppe vertreten.
2008 hatte es genügend Wind für die über 40 Stundenkilometer schnellen 40 Fuß Katamarane. Der Holländer Jonny Hutchcroft gewann auf seinem Katamaran Extreme40 „Holmatro“ die Langstrecke in einer neuen Rekordzeit von 4 Stunden, 41 Minuten und 37 Sekunden, genau eine Minute später folgte der zweite Katamaran.
Etwas Sorge bereitet die Entwicklung der Meldezahlen:
Bei der 50. RUND UM 2001 hatten 512 Boote gemeldet, 2013 waren es nur noch 348. Zum einen gibt es eine allgemeine Regattamüdigkeit am Bodensee, zum anderen hatte die RUND UM zwei Mal hintereinander Pech mit dem Wetter. 2009 kamen infolge einer Flaute nur 122 Schiffe ins Ziel. 2010 war es noch schlimmer mit nur 31 gezeiteten Booten, seitdem sind die Meldezahlen auf rund 350 abgesunken.
Die RUND UM ist nichts ohne die bis zu 2.500 Segler, die sich nachts auch durch Regen und Kälte ins Ziel kämpfen.
Es sind aber nur einige wenige, die jeweils zu ihrer Zeit zu Seriensiegern wurden. In den Fünfzigerjahren gewann Hans Bauer aus Konstanz mit dem 75-qm Nationalen Kreuzer „Skagerrak“ vier Mal. Ab 1964 folgte Helmut Vetter vom LSC mit der „Argo“, acht Mal holte er das Blaue Band, Ende der Sechzigerjahre vier Mal in Folge. Auch wenn die „Argo“ zu Beginn ihrer Laufbahn als 75 qm Schärenkreuzer startete und infolge der zahllosen Umbauten an Tüchern, Masten und Unterwasserschiff als IORYacht endete. Ihre große Konkurrentin „Benny“ siegte sieben Mal bei der RUND UM. Anfangs segelte Hans Behr den 75er Schärenkreuzer, gefolgt von Horst Bülow.
Mit der „Argo“ ist leider auch der schlimmste Unfall bei einer RUND UM verbunden:
1978 wurde das Feld von einem Gewittersturm überrollt, die „Argo“ machte einen Sonnenschuss, ein Mann ging über Bord und ertrank. Die Ära der Liberas prägten zwei Männer: Achim Salcher mit der „Rene Lezard“ (ex „Cazal“) und Joschi Entner mit der „Principessa“. Salcher vom Chiemsee gewann fünf Mal, Entner vom Achensee acht Mal. 2007 blieben die Liberas der Veranstaltung fern: Die Eigner protestierten damit gegen den Beschluss der Wettfahrtleitung, auch andere schnelle, moderne Klassen zuzulassen. Dabei bewies die ungarische „Raffica“ mit ihrem Sieg im Jahr 2009, dass eine Libera bei entsprechenden Bedingungen auch mit einem Katamaran mithalten kann. Die große Zeit der Liberas scheint allerdings zu Ende zu sein. 17 Mann Besatzung sind schwer zu organisieren, wenn ein Katamaran mit vier oder fünf Mann bei gleicher Geschwindigkeit zu fahren und im Unterhalt günstiger ist.
Bemerkenswert bei der RUND UM war der Zieldurchgang der „Taiout“ 1971. Der Sechser verlor wenige Meter vor dem Ziel den Mast, trieb aber mitsamt dem Rigg durchs Ziel und wurde gezeitet. Im Gedächtnis bleibt auch das Finale 1999: Lukas Hummler hatte mit einer jungen Mannschaft die „KNU – go for record“ gechartert. 100 Meter vor dem Ziel führte ganz klar Gerhard Müller. Der deckte aber nicht den Zweiten, sondern wendete in ein Flautenloch, Lukas Hummler zog in Lee vorbei. Was für Müller besonders bitter war: Er wurde von seinem eigenen Schiff geschlagen, er hatte es an Hummler verchartert.
2002 war ein stinkflaues Jahr, es kamen nur zwölf Schiffe ins Ziel. Es gab auch ein Vater-Sohn-Projekt: Werner Hemmeter vom LSC siegte mit der „Da Capo“ im Jahr 2007, 2013 steuerte sein Sohn Veit einen Katamaran zum Sieg, die SL33 von Ralph Schatz. Damit durchbrach Schatz seine Serie des ewigen Zweiten. Er war insgesamt drei Mal als Zweiter ins Ziel gekommen, manchmal mit nur wenigen Sekunden Rückstand auf den Sieger. Schatz ließ sich davon nicht entmutigen, im siebten Anlauf klappte es zusammen mit Veit Hemmeter mit dem Sieg.